Warum in die Ferne schweifen…? Das Bergische Land liegt nah!
Rund 130 Kilometer lange Radtour durch das Bergische Land mit Start in Hattingen und Ziel an den Ufern der Biggetalsperre in Olpe. Der hügelige Radweg führt entlang ehemaliger Bahntrassen bis ins Sauerland, passiert dabei zahlreiche Tunnel und bietet immer wieder herrliche Ausblicke auf die Landschaft des Bergischen Landes. Als ein beeindruckendes Highlight der Tour wartet mit der Müngstener Brücke Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke auf staunende Besucher.
Mit dem Zug erreiche ich den Startort Hattingen, gönne mir zunächst ein zweites Frühstück und besichtige dann die malerische Altstadt des Ortes. So schiebe ich mein Rad durch den „Malerwinkel“ und lasse den Blick schweifen über die Fachwerkhäuser ringsum und den schiefen Turm der St.-Georgs-Kirche. Diese wurde um 1200 neu errichtet und weist kurioserweise einen nach Südwesten leicht geneigten Spitzturm auf.
Weitere Sehenswürdigkeiten des Ortes sind das Alte Rathaus, der Glockenturm sowie das Bügeleisenhaus. Dieses im Jahr 1611 errichtete Fachwerkhaus mit der namensgebenden Form beheimatete einst eine Tuchweberei und heute ein kleines Museum. Mir hingegen steht der Sinn nach Radfahren und so verlasse ich die Altstadt in Richtung Panorama-Radweg. Diesen habe ich bereits nach wenigen hundert Metern erreicht und starte erwartungsvoll meine Radtour durchs Bergische Land!
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Etappe 1 (69 Km, 900 Hm): Von Hattingen bis Wermelskirchen

Los geht die wilde Fahrt zunächst auf geschottertem Untergrund und ich stelle erleichtert fest, dass der morgendliche Nieselregen, der bei meinem Aufbruch in Köln herrschte, sich trotz einiger dunkler Wolken am Himmel im Bergischen bisher nicht fortsetzt. Bereits nach rund 2 Kilometern erreiche ich den ersten Tunnel auf der heutigen Etappe. Licht an! Der 195 Meter lange
Schulenbergtunnel wurde 1883 erbaut und war Teil der Bahnstrecke Wuppertal-Wichlinghausen-Hattingen. Der Betrieb auf der Zugstrecke wurde 1984 eingestellt und so radle ich entspannt dem strahlenden Licht am Ende des Tunnels entgegen.
Von Bredenscheid bis zum Bahnhof Schee
Wenig später entledige ich mich der Regenhose und der Gamaschen und radle gut gelaunt in Richtung Sprockhövel. Ringsum zeigt sich das Bergische Land in typischer Manier und so genieße ich den Ausblick auf die sanften, bewaldeten Hügel der Umgebung. Ich passiere den Ort Bredenscheid und umkurve nach rund 10 gefahrenen Kilometern die erste Baustelle des Radweges. In weitem Bogen führt mich die Umleitungsstrecke entlang benachbarter Straßen und ich sammele auf kurzen Anstiegen die ersten Höhenmeter des Tages – willkommen im Bergischen Land!
Schnell bin ich wieder auf Kurs und setze meine Tour auf dem leicht ansteigenden, geschotterten Radweg fort, auf dem bei angenehmen äußeren Bedingungen zahlreiche Radlergruppen unterwegs sind. 17 Grad und regenfrei, was will man mehr? Im Schatten liegend verläuft der Radweg weiter durchs Grüne, während am Wegesrand vereinzelte Hinweisschilder auf die Historie naher Industrieanlagen hinweisen.
War das gerade ein Tropfen auf meinem Unterarm? Noch verheißt der Blick gen Himmel angesichts der dunklen Wolken keine Entwarnung, doch vorerst setze ich die Tour im Trockenen fort und erreiche nach rund 15,4 Kilometern den ehemaligen
Bahnhof Schee. Das prächtige Empfangsgebäude wurde 1886 errichtet und beherbergt heute Mietwohnungen.
Vom Bahnhof Schee bis Wuppertal

Einige Meter später erblicke ich am Wegesrand eine perfekte Möglichkeit zur Mittagspause, gehe in die Eisen und stelle meinen Drahtesel vor dem
EssBahnhof Schee ab. Der Imbiss samt gemütlichem Biergarten bietet lokale Speisen, einen täglich wechselnden Mittagstisch und andere Leckereien vom Kuchen bis zur Waffel.
Frisch gestärkt mit Backfisch und Kartoffelsalat sitze ich wenig später wieder im Sattel und steuere nach 16,5 Kilometern auf den
Scheetunnel zu, der mich für 722 Meter in seine schummrige Kühle verschluckt. Die 1884 eröffnete, aus zwei Röhren bestehende Unterführung, ist ein wichtiges Refugium für Fledermäuse. Während die Weströhre seit 2014 öffentlich zugänglich ist, ist die Oströhre zum Schutz der Tiere verschlossen.
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Ich lasse Batmans Refugium hinter mir, setze meinen Weg auf der ehemaligen Bahntrasse fort und erreiche nach rund 22 Kilometern den
Felseinschnitt Bramdelle. Auf einer Länge von rund 700 Metern verläuft der Radweg nun an steil aufragenden, bis zu 28 Meter hohen Felsen entlang. Mancherorts schützen gemauerte Wände die einstige Bahntrasse vor brüchigem Gestein. Dieses entstand vor rund 370 Millionen Jahren durch Ablagerungen von Meerestieren in einem flachen, tropischen Meer. Unterdessen trage ich bei gänzlich untropischen Temperaturen längst wieder meine wärmende Regenjacke und erreiche wenig später Wuppertal.

Auf der Strecke der
Nordbahntrasse radle ich auf den folgenden Kilometern immer wieder an ehemaligen Bahnsteigen und Bahnhöfen vorbei, genieße den Ausblick auf die mir zu Füßen liegende Stadt und pedaliere durch zahlreiche Tunnel. Die Nordbahntrasse gilt mit ihren 22 Kilometern als weltweit längste innerstädtische ehemalige Eisenbahntrasse und führt dabei an Zeugnissen der Wuppertaler Industriegeschichte vorbei. So erreiche ich nach rund 30 Kilometern das
Gold-Zack-Gebäude, das um 1910 errichtet wurde und einst die gleichnamige Bandweberei beheimatete. Staunend stehe ich vor dem seit 1986 unter Denkmalschutz stehenden Bau und bestaune fasziniert das an der Fassade angebrachte Werk der Künstlerin Anke Büttner.
Von Wuppertal bis zur Müngstener Brücke
Tunnel voraus! Nur wenige Pedalumdrehungen später verläuft der flache, perfekt asphaltierte Radweg für rund 175 Meter durch den
Dorrenberg-Tunnel, passiert den alten Bahnhof Wuppertal-Ottenbruch und führt mich dann durch den 488 Meter langen
Dorp-Tunnel. Nur einen Wimpernschlag später pedaliere ich schon wieder durchs Grüne, passiere dabei ehemalige Bahnstationen und radle bald für einige Meter im Schatten der berühmten
Schwebebahn.
Nach rund 39,4 Kilometern lasse ich Wuppertal hinter mir, folge dem Radweg zunächst durch ein Wohngebiet und erreiche wenig später die
Korkenziehertrasse. Die 15 Kilometer lange, ehemalige Zugtrasse verbindet die Städte Wuppertal und Solingen und bietet dabei immer wieder schöne Ausblicke auf die hügelige Landschaft ringsum. Warum in die Ferne schweifen…?
Nach 51 gefahrenen Kilometern verlasse ich die Korkenziehertrasse, folge der Beschilderung in Richtung Burg und lege wenig später in einer idyllischen Parkanlage eine Kuchenpause ein. Es lebe das gute alte Fresspaket! Auf den folgenden Kilometern führt mich der Radweg auf kurzen Steigungen durch ein Waldgebiet und wenig später zum Aussichtpunkt
Theegartener Kopf. Während ich den Ausblick auf das ferne Solingen genieße, lässt sich eine Kuhherde auf einer nahen Wiese stoisch das saftige Gras schmecken. Guten Appetit!

Die frische Brise auf der Anhöhe lässt mich schnell wieder aufbrechen und dem Radweg weiter entlang der
Bergbahntrasse folgen. Die 5,5 Kilometer lange Strecke verbindet Solingen-Mitte mit dem Brückenpark Müngsten, verläuft dabei auf dem letzten Teilstück oberhalb der Wupper durch ein Waldgebiet und führt mich schließlich zum Highlight der gesamten Tour – der
Müngstener Brücke. Was ein Bauwerk! Staunend recke ich meinen Hals, als hoch über mir eine Regionalbahn über die stählerne Brücke braust. Das im Jahr 1897 errichtete Bauwerk ist mit einer Höhe von 107 Metern Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke.

Rings um das Stahlkonstrukt lädt der Brückenpark mit zahlreichen Sitz- und Liegemöglichkeiten zum Verweilen ein. Zahlreiche Ausflügler haben es sich nahe der Wupper gemütlich gemacht und genießen die Sonnenstrahlen. Weitere Attraktionen des Ausflugsortes sind das
Haus Müngsten mit seiner einladenden Gastronomie sowie die
Schwebefähre! Zusammen mit dem Fährmann befördere ich das schwankende Gefährt schließlich per Muskelkraft über die Wupper, beende am gegenüberliegenden Ufer das eingeschobene Fitnessprogramm und setze meine Radtour durch ein idyllisches Waldgebiet fort.
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Von der Müngstener Brücke bis Wermelskirchen
Mit der gemächlich dahinfließenden Wupper zur Rechten radle ich nun auf dem geschotterten Weg durchs Grüne, lasse den Blick über die steilen, bewaldeten Hänge links des Weges schweifen und nehme entspannt einen Gang raus. Schon künden die Schilder am Wegesrand jedoch vom baldigen Ende des Müßiggangs und führen mich schließlich an den Fuß des knackigen Anstiegs bei Burg – jetzt gibt es Bergpunkte!
Noch ohne gepunktetes Trikot nehme ich den rund 1,8 Kilometer langen Anstieg in Angriff, bewältige dabei teils zweistellige Steigungsprozente und lasse die Abzweigung hinauf zu
Schloss Burg links liegen. Die etwas abseits des Radweges gelegene Höhenburg wurde im späten 19. Jahrhundert rekonstruiert, nachdem die ursprüngliche Burganlage zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert zur Ruine verfiel. Keine Lust auf Plackerei? Die seit 1984 unter Denkmalschutz stehende Anlage kann bequem per Sesselbahn erreicht werden.

Nach dem knackigen Anstieg setze ich meine Radtour bei nun sonnigem Himmel fort und radle entlang von Feldern in Richtung Tagesziel. Auf den letzten Kilometern bis nach Wermelskirchen sammle ich weitere Höhenmeter und schnaufe bei Stolzenberg die nächste steile Rampe empor. Nach 66,3 Kilometern passiere ich schließlich das Ortsschild von
Wermelskirchen und erreiche wenig später das Hotel meiner Wahl – erfrischende Dusche, ich komme!
Etappe 2 (70,8 Km, 870 Hm): Von Wermelskirchen bis Olpe
Nach einem ausgiebigen Frühstück samt erquickendem Kaffee starte ich bei kühlen 11 Grad in die zweite Etappe, radle zunächst für einige Meter entlang der Straße doch habe nach rund 2 Kilometern wieder die Bahntrasse erreicht. Für einige Pedalumdrehungen pedaliere ich nun zunächst auf der mir bestens bekannten
Balkantrasse, verlasse diese jedoch wenig später und folge nun für rund 26 Kilometer der Trasse der ehemaligen
Wippertalbahn. Die Bahnstrecke wurde zwischen 1876 und 1902 eröffnet und zwischen 1985 und 1997 stillgelegt. Längst zum Radweg ausgebaut ist die Route zwischen Hückeswagen und Marienheide Bestandteil der Radroute Wasserquintett.
Vom Höhsieper Tunnel bis Wipperfürth

Noch ist Hückeswagen jedoch rund 7 Kilometer entfernt. Zunächst erreiche ich nach rund 9,5 gefahrenen Kilometern den
Höhsieper Tunnel und tauche für 215 Meter in eine kühle, schummrig beleuchtete Umgebung ein. Perfekt für Fledermäuse! Geschützt durch eine Trennwand finden die Tiere in der Unterführung einen sicheren Unterschlupf.
Nachdem der Tunnel hinter mir liegt lasse ich dem Drahtesel freien Lauf und sause den nun abschüssigen Radweg hinab. Kurz zeigt sich zwischen den Bäumen zur Linken die funkelnde Wasseroberfläche der Wupper-Vorsperre bevor ich wenig später
Hückeswagen erreiche. Ich lasse die Kleinstadt hinter mir, folge weiter dem schnurgeraden Band des Radweges und erfreue mich immer wieder an schönen Ausblicken auf die sanft geschwungenen Hänge des Bergischen Landes. Bald darauf erreiche ich den kleinen Flugplatz Wipperfürth-Neye und mache wenig später eine Zwischenlandung in
Wipperfürth. Die Hansestadt mit seinen heute rund 21.000 Einwohnern wurde bereits 1131 schriftlich erwähnt und gilt damit als älteste Stadt des Bergischen Landes.
Von Wipperfürth bis Dannenberg
Nach 20,7 Kilometern verläuft der Radweg oberhalb der Wupper leicht abschüssig durch den Forst – der durch die Trockenheit gezeichnet ist. Wo rechts des Weges dichter Wald emporragen sollte, klafft eine erschreckend kahle Lücke. Nachdenklich setze ich meine Radtour in Richtung Marienheide fort und erspähe auf den folgenden Kilometern immer wieder Orte des Kahlschlags. Auch heute ist, trotz einiger dunkler Wolken am Himmel, bisher kein Regen gefallen…
Marienheide voraus! Nach rund 30 Kilometern erreiche ich die Kleinstadt – und komme nahe dem Bahnhof kurz ins Stocken: wo zum Teufel geht der Radweg weiter!? Das Navi am Lenker schickt mich schließlich im 270-Grad-Bogen über die gerade unterquerte Brücke und sodann die ansteigende Straße entlang in Richtung Reppinghausen, den Autoverkehr immer im Nacken. Auf den folgenden rund 7 Kilometer geht es nun beständig bergan, bis ich schließlich nach rund 39 Kilometern bei
Dannenberg den höchsten Punkt der gesamten Tour erreicht habe: schwindelerregende 460 Meter!
Von Dannenberg bis zur Aggertalsperre

Der Höhenkrankheit gerade nochmal entkommen genieße ich wenig später auf der nun wenig befahrenen Straße die weiten Ausblicke auf die Hügelketten ringsum, stürze mich in die rasende Abfahrt Richtung Unnenberg und treffe nach 41 Kilometern an den Ufern der
Aggertalsperre ein. Die zwischen 1927 und 1929 errichtete Talsperre dient u.a. der Stromerzeugung sowie dem Hochwasserschutz und ist ein wertvolles Naherholungsgebiet mit Möglichkeiten zum Wandern, Segeln und Tauchen. Direkt am See finden Campingfreunde zudem das „Freizeitcamp Aggertalsperre“ mit Zeltplätzen, Gaststätte und Bootsverleih.

Zeit für die Mittagspause! Während ich mir im Schnellrestaurant „Alt Aggersee“ einen saftigen Spießbraten mit Kartoffelsalat schmecken lasse, treffen in der Imbiss-Stube zwei Motorrad-Haudegen ein, fachsimpeln über ihre baugleichen Maschinen und genießen Pommes und Kaffee – Jungs, gönnt Euch! Gestärkt setze ich meine Radtour fort, überquere die 45 Meter hohe Staumauer und radle dann auf geschottertem Untergrund durch die Botanik. Zwischen den Bäumen zur Linken fällt der Blick noch einmal hinab auf den idyllischen Stausee, auf dem Stand-Up-Paddler, Kanuten und Tretbootfahrer entspannt ihre Bahnen ziehen.
Von der Aggertalsperre bis nach Olpe

Ich lasse das Kleinod hinter mir, geselle mich kurzzeitig zum Autoverkehr auf die Straße in Richtung Pernze und wechsele hinter dem Ort auf den beständig ansteigenden Alleenradweg
Aggertalbahn. Auf einer Länge von 12 Kilometern verbindet die Radroute die Orte Pernze und Olpe miteinander und führt Radfahrer dabei durch den längsten Tunnel der gesamten Tour – den 724 Meter langen
Wegeringhausener Tunnel. Dieser wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut und verläuft teilweise 50 Meter unter der Erde. Die denkmalgeschützte Unterführung ist von November bis Mitte April den dort überwinternden Fledermäusen vorbehalten und in dieser Zeit geschlossen.
Nur noch wenige Kilometer bis ins Etappenziel! Zuvor erreiche ich nach 61 Kilometern den Ort Drolshagen, setze meinen Biketrip nun direkt an der Straße fort und finde mich nur wenig später am Ufer der Biggetalsperre wieder: „Sie haben Ihr Ziel erreicht, Willkommen in
Olpe!“
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